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Allgemeinverfügung des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Kiel

Allgemeinverfügung des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Kiel zum Verbot und zur Beschränkung von Kontakten in besonderen öffentlichen Bereichen der Landeshauptstadt Kiel Gemäß § 28 Absatz 1 Satz 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Verbindung mit § 106 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Landesver¬waltungsgesetz - LVwG) wird folgende

 

Allgemeinverfügung erlassen:
1. Personen, die sich innerhalb der letzten 14 Tage in einem Risikogebiet oder einem besonders betroffenen Gebiet entsprechend der jeweils aktuellen Fest¬legung durch das Robert Koch-Institut (RKI) aufgehalten haben, dürfen für ei¬nen Zeitraum von 14 Tagen seit Rückkehr aus dem Risikogebiet oder des be¬sonders betroffenen Gebiets folgende Einrichtungen nicht betreten:
a)    Einrichtungen nach § 33 Nr. 1 bis 4 IfSG (Kindertageseinrichtungen und Kinderhorte, erlaubnispflichtige Kindertagespflegestellen, Schulen und Heime, in denen überwiegende minderjährige Personen betreut werden) sowie betriebserlaubte Einrichtungen nach § 45 SGB VIII (stationäre Er¬ziehungshilfe),
b)    Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Nr. 1 und Nr. 3 bis 5 IfSG (Krankenhäu¬ser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Kran¬kenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt, Dialyseein¬richtungen, Tageskliniken); ausgenommen von dem Betretungsverbot sind behandlungsbedürftige Personen,
c)    stationäre Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe nach dem Selbstbestimmungsstärkungsgesetz (SbStG), ausgenommen von dem Be-tretungsverbot sind betreuungsbedürftige Personen,
d)    Berufsschulen,
e)    alle staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen des Landes nach § 1 Hochschulgesetz sowie
f)    alle sonstigen öffentlichen Einrichtungen.
 
Das Gebiet des Landes Schleswig-Holstein gilt nicht als Risikogebiet. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder das Amt für Gesundheit kann wei¬tere Gebiete als besonders betroffene Gebiete festlegen. Auf die aktuellen Festlegungen weist die oberste Landesgesundheitsbehörde die Landeshaupt¬stadt Kiel auf ihrer Homepage hin.
2. Schülerinnen ab der 7. Klasse von allgemeinbildenden Schulen, Förderzen¬tren, Berufs- und Ersatzschulen sowie von Schulen und Einrichtungen der dä¬nischen Minderheit ist das Betreten der Schulen sowie die Teilnahme an schu¬lischen Veranstaltungen untersagt. Dies gilt auch für die Schülerinnen und Schüler der Pflege- und Gesundheitsfachschulen sowie für Einrichtungen der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung.
Von diesem Betretungsverbot ausgenommen sind diejenigen Schülerinnen, die einen täglichen, hohen Pflege- und Betreuungsaufwand benötigen, dem im häuslichen Rahmen nicht entsprochen werden kann. Für diese Schülerinnen wird ein schulischer Notbetrieb (Betreuung) auf Elternwunsch nach Entschei¬dung der Schulleitung sichergestellt. Da diese Schülerschaft zur besonderen vulnerablen Bevölkerungsgruppe gehört, sind entsprechende Schutzmaßnah¬men zu beachten und ein strenger Maßstab anzulegen.
3. Schülerinnen bis zur 6. Klasse von allgemeinbildenden Schulen, Förder¬zentren, Ersatzschulen sowie von Schulen und Einrichtungen der dänischen Minderheit ist das Betreten der Schulen sowie die Teilnahme an schulischen Veranstaltungen untersagt.
Ausgenommen von diesen Verboten sind - zunächst bis einschließlich 18. März 2020 - Kinder, bei denen beide Eltern oder ein alleinerziehender Eltern¬teil in einem Bereich arbeitet, der für die Aufrechterhaltung kritischer Infra¬strukturen notwendig ist und diese Eltern keine Alternativ-Betreuung ihrer Kin¬der organisieren können. In strittigen Fällen entscheidet das Jugendamt end¬gültig.
Zu den kritischen Infrastrukturen nach dieser Verfügung zählen folgende Be¬reiche:
•    Energie - Strom, Gas, Kraftstoffversorgung etc. (§ 2 BSI-KritisV),
•    Wasser: Öffentliche Wasserversorgung, öffentliche Abwasserbeseitigung (§ 3 BSI-KritisV),
•    Ernährung, Hygiene (Produktion, Groß-und Einzelhandel) - inkl. Zuliefe¬rung, Logistik (§ 4 BSI-KritisV),
•    Informationstechnik und Telekommunikation - insb. Einrichtung zur Ent¬störung und Aufrechterhaltung der Netze (§ 5 BSI-KritisV),
•    Gesundheit - Krankenhäuser, Rettungsdienst, Pflege, ggf. Niedergelasse¬ner Bereich, Medizinproduktehersteller, Arzneimittelhersteller, Apotheken, Labore (§ 6 BSI-KritisV),
•    Finanzen - ggf. Bargeldversorgung, Sozialtransfers (§ 7 BSI-KritisV),
•    Transport und Verkehr - Logistik für die KRITIS, ÖPNV (§ 8 BSI-KritisV),
 
•    Entsorgung (Müllabfuhr, Abwasser)
•    Medien und Kultur - Risiko- und Krisenkommunikation,
•    Staat und Verwaltung - Kernaufgaben der öffentlichen Verwaltung (Regie¬rung und Verwaltung, Parlament), Polizei, Feuerwehr, Katastrophen¬schutz, Justiz, Veterinärwesen, Küstenschutz, Kinder- und Jugendschutz sowie
•    Grundschullehrkräfte, soweit diese zur Aufrechterhaltung der Notbetreu¬ung im Sinne dieser Verfügung eingesetzt werden, Sonderpädagoginnen an Förderzentren mit Internatsbetrieb, in Kindertageseinrichtungen Tätige, soweit diese zur Aufrechterhaltung der Notbetreuung im Sinne dieser Ver¬fügung eingesetzt werden.
Dabei sind in den o.a. Bereichen nur Personen erfasst, deren Tätigkeit für die Kernaufgaben der Infrastruktur relevant ist. Die Eltern haben dies durch die Angabe ihres Berufes gegenüber der Schule zu dokumentieren.
Von diesem Betretungsverbot ausgenommen sind ebenfalls diejenigen Schü¬lerinnen, die einen täglichen, hohen Pflege- und Betreuungsaufwand benöti¬gen, dem im häuslichen Rahmen nicht entsprochen werden kann. Für diese Schülerinnen wird ein schulischer Notbetrieb (Betreuung) auf Elternwunsch nach Entscheidung der Schulleitung sichergestellt. Da diese Schülerschaft zur besonderen vulnerablen Bevölkerungsgruppe gehört, sind entsprechende Schutzmaßnahmen zu beachten und ein strenger Maßstab anzulegen.
4. Das Betreten von Kindertagesstätten (inkl. Krippen), Kinderhorten, sowie die Teilnahme an vergleichbaren schulischen Betreuungsangeboten wie of¬fene Ganztagsschulen und ähnliche Betreuungsangebote (z.B. Jugendarbeit nach § 11 SGB VIII, Gruppenangebote nach § 16 SGB VIII) sind verboten.
Das Betretungsverbot gilt nicht für Einrichtungen der teilstationären und statio¬nären Jugendhilfe nach § 32 und § 34 SGB VIII zur Sicherung des Kindes¬wohls.
Ausgenommen sind Angebote der erlaubnispflichtigen Kindertagespflege, bei denen am jeweiligen Standort maximal fünf Kinder betreut werden; ebenso nicht erfasst sind die sonstigen Angebote der Kindertagespflege, bei denen am jeweiligen Standort maximal fünf Kinder (ggf. zzgl. der eigenen Kinder der Kindertagespflegeperson) betreut werden. Neuaufnahmen sind nicht gestattet.
Ausgenommen vom Verbot sind - zunächst bis einschließlich 20. März 2020 - Kinder, bei denen die Eltern die nach den Voraussetzungen von Ziffer 3 Ab¬satz 2 als Beschäftigte in Bereichen der kritischen Infrastrukturen zur Aufrecht¬erhaltung dringend tätig sein müssen. Die Eltern haben dies durch die Angabe ihres Berufes gegenüber der Einrichtung zu dokumentieren. Für Kinder und Jugendliche in schulischen Ganztagsangeboten oder Florten ab der 7. Schul¬klasse gilt diese Ausnahme nicht.
Ausgenommen vom Betretungsverbot ist das für die Aufrechterhaltung dieser Angebote erforderliche Personal.
 
5. Das Betreten der Werkstätten für behinderte Menschen sowie die Inan¬spruchnahme von Betreuungsangeboten in diesen Einrichtungen sind verbo¬ten für diejenigen Menschen mit Behinderung,
•    die sich im stationären Wohnen befinden,
•    die bei Erziehungsberechtigen oder ihren Eltern wohnen und deren Betreu¬ung sichergestellt ist,
•    die alleine oder in Wohngruppen wohnen und sich selbst versorgen können oder eine Betreuung erhalten.
Von diesem Betretungsverbot ausgenommen sind diejenigen Menschen mit Behinderung, die den Besuch der Werkstatt als eine tagesstrukturierte Ma߬nahme benötigen.
6.    Alle Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sowie die stationären Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe nach dem Selbstbestimmungsstärkungsgesetz (SbStG) haben folgende Maßnahmen zu ergreifen:
•    Diese Einrichtungen haben Maßnahmen zu ergreifen, um den Eintrag von Corona-Viren zu erschweren, Patienfinnen und Personal zu schützen und persönliche Schutzausrüstung einzusparen.
•    Sie haben Besuchsverbote oder restriktive Einschränkungen der Besuche auszusprechen; maximal ist aber ein*e registrierter Besucher*in pro Be¬wohnerin/ Patienfin pro Tag mit Schutzmaßnahmen und mit Hygieneun¬terweisung zuzulassen. Ausgenommen davon sind medizinisch oder ethisch-sozial angezeigte Besuche (z. B. Kinderstationen, Palliativpatien¬ten).
•    Kantinen, Cafeterien oder andere der Öffentlichkeit zugängliche Einrich¬tungen für Patienten und Besucher sind zu schließen.
•    Sämtliche öffentliche Veranstaltungen wie Vorträge, Lesungen, Informati-onsveranstaltungen etc. sind zu unterlassen.
7.    Die allgemeinversorgenden Krankenhäuser (Krankenhäuser mit einem Versor-gungsauftrag als Maximalversorger, Schwerpunktversorger oder Grund- und Regelversorger) haben folgende weitere Maßnahmen umzusetzen:
•    Die Aktivierung der Krankenhauseinsatzleitung nach dem Krankenhausa-larmplan und tägliche Analyse der Versorgungssituation mindestens in Be¬zug auf die Notfallversorgung und COVID-19.
•    Planbare Aufnahmen sind ab sofort so zu reduzieren oder auszusetzen, dass zeitnah die Aufnahmekapazitäten für COVID-19 Patienfinnen bereit¬stehen; das gilt insbesondere für die Kapazitäten in der Intensivmedizin.
•    Die allgemeinversorgenden Krankenhäuser mit einer Intensivstation unter-nehmen alles Notwendige, um ihre Beatmungskapazitäten zu erhöhen und die Funktionsfähigkeit der Intensivstationen zu sichern.
 
•    In den geriatrischen Kliniken und Abteilungen sind die Aufnahmen zu re¬duzieren. Es finden keine Aufnahmen mehr statt, die aufgrund von Einwei¬sungen durch Vertragsärzte erfolgen. Es sei denn, eine Krankenhausbe¬handlung ist medizinisch dringend geboten.
•    Für geriatrische Tageskliniken gilt ein Aufnahmestopp. Die frei werdenden Ressourcen (Personal, Räume) sind für die stationäre Versorgung einzu¬setzen.
•    Quarantäneersatzmaßnahmen.
8.    Alle öffentlichen Veranstaltungen im Stadtgebiet sind untersagt.
Demonstrationen können nach Durchführung einer individuellen Verhältnismä-ßigkeitsprüfung zugelassen werden.
Ausgenommen von der Untersagung sind Veranstaltungen, die der Aufrecht¬erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der Daseinsvorsorge zu dienen bestimmt sind oder der Versorgung der Bevölkerung dienen (z.B. Wochenmärkte, Sitzungen der Ratsversammlung und ihrer Ausschüsse, Sit¬zungen des Schleswig-Holsteinischen Landtags und seiner Ausschüsse).
Nicht unter den Veranstaltungsbegriff fällt die Teilnahme am öffentlichen Per-sonennahverkehr oder der Aufenthalt an einer Arbeitsstätte.
9.    Private Veranstaltungen ab 100 Teilnehmerinnen sind untersagt.
Es wird empfohlen, private Veranstaltungen mit weniger als 100 Teilneh¬merinnen zu verschieben oder abzusagen.
10.    Der Betrieb folgender Einrichtungen und das Bereitstellen folgender Angebote
sind untersagt. Entsprechende Einrichtungen und Angebote sind zu schließen
beziehungsweise einzustellen:
•    Bars, Shisha-Bars, Kneipen, Clubs, Diskotheken, Theater, Konzerthäuser, Kinos und Museen unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft oder von Eigentumsverhältnissen,
•    Fitness-Studios, Schwimmbäder, sonstige Sport- und Freizeiteinrichtungen (z. B. Freizeit- und Tierparks, Jugendzentren), Saunen,
•    alle Angebote in Volkshochschulen, in Musikschulen, in sonstigen öffentli¬chen und privaten Bildungseinrichtungen,
•    Zusammenkünfte in Sportvereinen,
•    Spielhallen,
•    Prostitutionsbetriebe.

11.    Restaurants, Gaststätten bzw. Restaurationsbetriebe (auch in Hotels) haben
sicherzustellen, dass
•    eine Registrierung aller Besucherinnen mit Kontaktdaten (Datum, Uhrzeit, Nachname, Vorname, Telefonnummer) erfolgt,
 
•    die Einrichtung so ausgestaltet ist, dass zwischen den Personen an ver¬schiedenen Tischen ein Mindestabstand von zwei Metern eingehalten wird.
•    Die Besucherinnen erhalten Hygienehinweise nach den Vorgaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
https://www.infektionsschutz.de/mediathek/infoqrafiken. html#c9302
•    Die Einhaltung der Hygienehinweise muss ermöglicht werden.
Der Betrieb von Mensen ist untersagt.
12.    Der Zugang zu Einrichtungshäusern und Einkaufszentren und vergleichbaren Einrichtungen, die mehr als 15 einzelne Geschäftsbetriebe umfassen, setzt die Erstellung eines Präventionskonzepts, welches u.a. eine maximale Besu- cher*innenzahl vorsehen soll, voraus. Das Konzept muss sicherstellen, dass zwischen den Gästen ein grundsätzlich möglicher Mindestabstand von zwei Metern gewahrt werden kann. Es muss den Zugang zu Einzelhandelsbetrie¬ben für Lebens- und Futtermittel, zu Apotheken und Drogerien sicherstellen, die keinen Besucherzahlbegrenzungen unterworfen werden dürfen. Das Kon¬zept ist mit der Landeshauptstadt Kiel, Amt für Gesundheit, abzustimmen.
Die Beschränkungen gelten nicht für Einzelhandelsbetriebe für Lebens- und Futtermittel, Apotheken und Drogerien.
13.    Diese Allgemeinverfügung gilt sofort ab dem Zeitpunkt der Bekanntmachung bis einschließlich Sonntag, den 19. April 2020. Eine Verlängerung ist mög¬lich. Die Ziffern 11. und 12. gelten ab dem 16. März 2020.
14.    Auf die Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 1 enthaltene Anordnung gemäß § 75 Absatz 1 Nr. 1; Absatz 3 IfSG wird hingewiesen.
15.    Die Anordnung ist gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar. Begründung
Rechtsgrundlage für die getroffenen Maßnahmen ist § 28 Absatz 1 Infektionsschutz¬gesetz (IfSG). Nach Satz 1 hat die zuständige Behörde die notwendigen Schutzma߬nahmen zu treffen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige o- der Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Nach Satz 2 kann die zu¬ständige Behörde Veranstaltungen einer größeren Anzahl von Menschen beschrän¬ken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrich¬tungen oder Teile davon schließen; sie kann auch Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betre¬ten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind.
 
Die Regelungen dieser Allgemeinverfügung beruhen auf einem Runderlass gemäß § 3 Absatz 2 Satz 2 GDG des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren vom 14.03.2020 (Az. VIII 40 - 23141/2020).
Vor dem Hintergrund der sehr dynamischen Verbreitung und von Infektionen mit dem SARS-CoV-2 Virus und Erkrankungen an COVID-19 müssen unverzüglich umfänglich wirksame Maßnahmen zur Verzögerung der Ausbreitungsdynamik und zur Unterbre¬chung von Infektionsketten ergriffen werden. Weitreichende effektive Maßnahmen sind dazu dringend notwendig, um im Interesse des Gesundheitsschutzes die dauerhafte Aufrechterhaltung der wesentlichen Funktionen des Gesundheitssystems sowie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Schleswig-Holstein soweit wie möglich sicher¬zustellen. Die großflächige Unterbrechung, Eindämmung bzw. Verzögerung der Aus¬breitung des neuen Erregers im Land stellt - über die bereits ergriffenen Maßnahmen hinaus - das einzig wirksam Vorgehen dar, um diese Ziele zu erreichen.
Die umgänglichen und differenzierten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung in beson¬deren Bereichen der Gesellschaft dienen der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des derzeit durch das Influenza-Geschehen hoch beanspruchten Gesundheitssystems über einen absehbar längeren Zeitraum hinaus. Für die stationären Einrichtungen muss dringend der notwendige Spielraum geschaffen werden, um die erforderliche Leistungsfähigkeit für die zu erwartenden erhöhten Behandlungserfordernisse für an COVID-19 Erkrankte zu sichern.
Diese und weitere kontaktreduzierende Maßnahmen tragen in besondererWeise zum Schutz besonders vulnerable Bevölkerungsgruppen bei. Denn gegen den SARS-CoV- 2 Virus steht derzeit keine Impfung bereit und es stehen noch keine gesicherten und flächendeckend verfügbaren Behandlungsmethoden zur Verfügung. Daher stellen die kontaktreduzierenden Maßnahmen und die Empfehlungen für die breite Bevölkerung das einzig wirksame Mittel zum Schutz der Gesundheit der Allgemeinheit und zur Auf¬rechterhaltung zentraler Infrastrukturen dar. Somit kommt den angeordneten Maßnah¬men eine so erhebliche Bedeutung zu, dass auch weitgehende und tiefgreifende Ein¬schränkungen dringend geboten und in dem jeweiligen Umfang verhältnismäßig und notwendig erscheinen. Insbesondere sind aufgrund der von allen Gesundheitsbehör¬den auf internationaler (WHO, CDC, ECDC) und nationaler Ebene (BMG, RKI, MSGJFS) bestätigten Lage aus fachlicher Sicht keine weniger eingriffsintensiven Schutzmaßnahmen denkbar, die in vergleichbarer Weise geeignet und effektiv wären, um die angestrebte breite Schutzwirkung zu erreichen.
Ausnahmen sind demzufolge in der Allgemeinverfügung nur aus besonderen, eng ge¬fassten, Gründen geregelt. Wo aufgrund der Art der Einrichtungen oder Angebote möglich, werden anstelle von Verboten Beschränkungen mit der Anordnung geeigne¬ter Schutzmaßnahmen bestimmt.
Ziffer 1: Die Verfügung nimmt die bereits bestehende Verfügung zur Beschränkung für Reiserückkehrer*innen aus Risikogebieten auf. Die Bestimmungen dienen dem Schutz vor Einträgen des Erregers in besonders gefährdete Gemeinschaftseinrichtungen, Ein¬richtungen zur gesundheitlichen Versorgung und Betreuung. Besonders erfasst wer¬den darüber hinaus Einrichtungen, bei denen aufgrund der bisherigen Erfahrungen und aufgrund der Mobilität der Personen in besonderer Weise mit Einträgen und er¬höhten Übertragungen zu rechnen ist.
 
Risikogebiete und besonders betroffene Gebiete sind Gebiete, in denen eine fortge¬setzte Übertragung von Mensch zu Mensch vermutet werden kann. Um dies festzule¬gen, verwendet das RKI verschiedene Indikatoren (u.a. Erkrankungshäufigkeit, Dyna¬mik der Fallzahlen). In den durch das RKI festgestellten Risikogebieten und besonders betroffenen Gebieten besteht eine allgemein wesentlich erhöhte Infektionsgefahr, so- dass Personen, die sich dort aufhielten, als ansteckungsverdächtig anzusehen sind. Es ist auf die aktuelle Einstufung abzustellen. Es kommt nicht darauf an, dass diese Einschätzung bereits zum Zeitpunkt des Aufenthalts im Sinne der Ziffer 1 in dem Ge¬biet vom RKI festgestellt wurde. Kein Aufenthalt im Sinne der Ziffer 1 dieser Verfügung wird in der Regel bei einem bloßen Toilettengang, einem Tankvorgang oder einer üb¬lichen Kaffeepause etwas im Sinne einer Durchreise gegeben sein.
Ziffer 2: In allgemeinbildenden Schulen, Förderzentren, Berufs- und Ersatzschulen, in Schulen und Einrichtungen der dänischen Minderheit sowie für die Schülerinnen der Pflege- und Gesundheitsfachschulen und Einrichtungen der überbetrieblichen Lehr¬lingsunterweisung gilt ein Betretungsverbot sowie ein Verbot für die Teilnahme an schulischen Veranstaltungen.
Von diesem Betretungsverbot ausgenommen sind diejenigen Schülerinnen, die einen täglichen, hohen Pflege- und Betreuungsaufwand benötigen, dem im häuslichen Rah¬men nicht entsprochen werden kann. Für diese Schülerinnen wird ein schulischer Notbetrieb (Betreuung) auf Elternwunsch nach Entscheidung der Schulleitung sicher¬gestellt. Da diese Schülerschaft zur besonderen vulnerablen Bevölkerungsgruppe ge¬hört, sind entsprechende Schutzmaßnahmen zu beachten.
Ziffer 3 und 4: Kinder und Jugendliche sind besonders schutzbedürftig. Dabei ist die Übertragungsgefahr bei Kindern besonders hoch, weil kindliches Spiel in den frühkind¬lichen Einrichtungen regelmäßig einen spontanen engen körperlichen Kontakt der Kin¬der untereinander mit sich bringt. Nach den bisherigen Erkenntnissen erkranken Kin¬der nicht schwer an COVID-19. Sie können aber ebenso wie Erwachsene, ohne Symp¬tome zu zeigen, Überträger des Coronavirus SARS-CoV-2 sein.
Die Anordnung der Schließung dient deshalb insbesondere dem Zweck, eine Ausbrei¬tung von COVID-19 zeitlich und räumlich zu verlangsamen und in der gegenwärtigen Lage insbesondere von der noch anhaltenden Influenzawelle zu entkoppeln. Aus die¬sen Gründen ist nach Abwägung aller Umstände eine allgemeingültige Anordnung er¬forderlich, um die Verbreitung der Infektion im Bereich der Kinderbetreuung zu unter¬binden.
Bei der Betreuung von Kindern sowohl in Gebäuden, als auch im Freien ist davon auszugehen, dass die folgenden, eine Weiterverbreitung von COVID-19 begünstigen¬den Sachverhalte in stärkerem Maße vorliegen: •
•    räumliche Nähe der Personen,
•    erschwerte Einhaltung disziplinierter Hygienemaßnahmen,
 
• es ist wahrscheinlicher, dass Personen aus Krankenversorgung, Öffentlichem Ge-sundheitsdienst sowie Innerer Sicherheit und Ordnung betroffen würden, die es be¬sonders zu schützen gilt. Dasselbe gilt für Risikopersonen, zumindest für höhere Altersgruppen.
Das Einhalten disziplinierter Hygieneetiketten ist zudem abhängig vom Alter und der Möglichkeit zur Übernahme von (Eigen-)Verantwortung und bedarf daher bei Kindern noch einer entwicklungsangemessenen Unterstützung durch Erwachsene. Diese Un¬terstützung kann in den Einrichtungen mit einer Vielzahl an betreuten Kindern seitens der Aufsichtspersonen nicht immer ununterbrochen sichergestellt werden. Vielmehr sehen die Räume in den Einrichtungen in aller Regel Rückzugsmöglichkeiten vor. Da¬her kann schon räumlich eine lückenlose Überwachung nicht immer gewährleistet wer¬den. Damit steigt die Gefahr, dass sich Infektionen innerhalb der Einrichtung verbrei¬ten und diese, sowohl von den betreuten Kindern als auch von den Betreuungsperso¬nen, nach Hause in die Familien getragen werden.
Entsprechend Ziffer 4 dürfen die Personensorgeberechtigten die betreffenden Kinder nicht in zu den Einrichtungen bringen und das Recht auf Betreuung gegenüber dem Träger geltend machen. Der Rechtsanspruch auf Betreuung nach § 24 SGB VIII ist insoweit eingeschränkt.
Aufgrund der besonderen Verhältnisse in der Kindertagespflege werden dort Angebote bis zu maximal 5 betreuten Personen nicht vom Verbot erfasst.
Das Betreuungsverbot ist für Einrichtungen der teilstationären und stationären Jugend¬hilfe nach § 32 und § 34 SGB VIII explizit ausgenommen, da diese Betreuungsma߬nahmen zur Sicherung des Kindeswohls aufrecht erhalten werden müssen.
Zur Sicherstellung der Verfügbarkeit des dringend erforderlichen Personals in den Be¬reichen der kritischen Infrastrukturen wird eine Ausnahmeregelung getroffen. Nur da¬rauf bezogen - zur Sicherstellung eines Notangebotes für Kinder dieses Personen¬kreises - darf ein Angebot aufrechterhalten und das dazu dringend benötige Personal tätig werden. Für diesen Bereich gilt eine besondere Befristung, um aufgrund der Er¬hebung der tatsächlichen Inanspruchnahme notwendige Anpassungen der Regelung erkennen zu können.
Insgesamt vom Betretungsverbot ausgenommen sind ebenfalls diejenigen Schülerin¬nen, die einen täglichen, hohen Pflege- und Betreuungsaufwand benötigen, dem im häuslichen Rahmen nicht entsprochen werden kann. Für diese Schülerinnen wird ein schulischer Notbetrieb (Betreuung) auf Elternwunsch nach Entscheidung der Schullei¬tung sichergestellt. Da diese Schülerschaft zur besonderen vulnerablen Bevölkerungs¬gruppe gehört, sind entsprechende Schutzmaßnahmen zu beachten.
Ziffer 5: In Werkstätten für behinderte Menschen gelten besondere Schutzbedürfnisse, denen durch die Regelungen Rechnung getragen wird.
 
Ziffern 6 und 7: In allen Einrichtungen der medizinischen Versorgung sowie der Be¬treuung steht der Schutz der vulnerablen Gruppen an höchster Stelle. Zugleich muss dringend die Leistungsfähigkeit dieser Einrichtungen auch auf längerer Sicht erhalten bzw. hergestellt werden. Die Besuche in diesen Einrichtungen werden daher grund¬sätzlich verboten. Nur aus medizinischen oder sozialethisch dringend gebotenen Fäl¬len wird ein*e Besucherin pro Tag zugelassen.
Für die Krankenhäuser mit besonderem Versorgungsauftrag werden Vorgaben erlas¬sen, besondere Maßnahmen zur Sicherstellung der Leistungsfähigkeit umzusetzen.
Ziffer 8: Öffentliche Veranstaltungen mit einer großen Anzahl von Teilnehmenden stel¬len im Hinblick auf die gute Übertragbarkeit des SARS-CoV-2 im Vergleich mit anderen übertragbaren Krankheiten eine besondere Gefährdung für die Ausbreitung dar. Auf¬grund der mit einer Fluktuation von Personen bei einer Veranstaltung verbundenen Übertragungsrisiken, kann bei Veranstaltungen mit wechselnden Teilnehmern nicht statisch auf die zu einem bestimmten Zeitpunkt anwesende Personenzahl abgestellt werden. Abweichend von den bereits verfügten Verboten und Einschränkungen müs¬sen daher alle Veranstaltungen verboten werden. Die Einhaltung von Auflagen, die regelmäßig strenge Vorgaben enthalten müssten, erscheint nicht mehr geeignet, die Ausbreitungsdynamik in dem erforderlichen Umfang einzudämmen. Eine Ausnahme für Verfassungsorgane und Organe im Kernbereich der Verwaltung ist zur Erhaltung der staatlichen Handlungsfähigkeit erforderlich.
Ziffer 9: Private Veranstaltungen sind wegen ihres vergleichbaren Risikopotentials vom Verbot grundsätzlich erfasst. Auch hier gelten die Ausführungen zu Ziffer 8. Die staat¬liche Kontrolle eines Verbots ist jedoch problematisch. Bei Veranstaltungen unter 100 Personen aus privatem Anlass ist zu erwarten, dass die Teilnehmerinnen mit vertret¬barem Aufwand ermittelt werden können. Es wird aber dringend empfohlen, auf solche Veranstaltungen zu verzichten oder diese zu verschieben.
Ziffer 10: Bei den in der Regelung genannten Bereichen ist davon auszugehen, dass es zu Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen und damit unweigerlich zu näheren Körperkontakten kommt. Es ist daher notwendig, auch diese gänzlich zu untersagen, weil auch bei einer Beschränkung tatsächlich in der Realität eine Übertra¬gung des Erregers nicht verlässlich unterbunden werden kann. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ist dies verhältnismäßig und gerechtfertigt, um der vorrangigen Ge¬sundheitssicherung der Bevölkerung Rechnung zu tragen.
Ziffern 11, 12: Für diese Einrichtung gelten die unter Ziffer 8 angestellten Überlegun¬gen. Gleichwohl kann hier durch die Beachtung von Auflagen und der Sicherstellung von Schutzmaßnahmen der Ansteckungsgefahr deutlich entgegengewirkt werden.
 
Die Allgemeinverfügung tritt mit der Bekanntgabe in Kraft. Sie ist bis einschließlich 19. April 2020 befristet. Besondere Fristen gelten für die Ziffern 3 und 4; hierfür werden weiterere Regelungen nach Bedarf getroffen. Die Ziffern 11. und 12. gelten vom 16. März 2020 an, damit sich die betroffenen Unternehmen auf die angeordneten Auflagen einstellen können.
Die in Allgemeinverfügung findet ihre Grundlage in § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 IfSG. Zuwiderhandlungen sind daher strafbar nach § 75 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 IfSG.
Die Anordnung ist gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar. Wi¬derspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen haben keine aufschiebende Wir¬kung.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Wi-derspruch eingelegt werden. Der Widerspruch ist bei der Landeshauptstadt Kiel, Der Oberbürgermeister, Amt für Gesundheit, Fleethörn 18-24, 24103 Kiel, einzulegen.
Gemäß § 28 Absatz 3 in Verbindung mit § 16 Absatz 8 IfSG haben Widerspruch und An-fechtungsklage gegen diese Allgemeinverfügung keine aufschiebende Wirkung.
Kiel, den 14. März 2020
 
Dr. Ulf Kämpfer Oberbürgermeister

 

Weitere Informationen

Veröffentlichung

Mo, 23. März 2020

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